Francis Pegahmagabow – Wikipedia


Francis Pegahmagabow

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Francis Pegahmagabow, kurz nach dem Ersten Weltkrieg

Francis Pegahmagabow (* 9. März 1891; † 5. August 1952) war der am höchsten ausgezeichnete First-Nations-Soldat in der kanadischen Militärgeschichte. Unter anderem wurde ihm dreimal die Militärmedaille verliehen. Als Scharfschütze und Späher im Ersten Weltkrieg eingesetzt, soll er 378 Deutsche getötet und 300 weitere gefangengenommen haben.[1] Später im Leben diente er als Häuptling und Rat der Wasauksing First Nation sowie als Aktivist und Führer in mehreren First-Nations-Organisationen. Er korrespondierte mit und traf andere bekannte Aborigines wie Fred Loft, Jules Sioui, Andrew Paull und John Tootoosis.

Frühe Lebensjahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Francis Pegahmagabow wurde am 9. März 1891 im heutigen Shawanaga-First-Nation-Reservat in Nobel, Ontario, geboren. In Ojibwe hieß er Binaaswi ("der Wind, der wegweht"). Sein Vater Michael war nach dem Tod seiner Eltern von Noah Nebimanyquod aufgezogen worden. Michael starb im April 1891 an einer nicht näher bezeichneten schweren Krankheit, und seine Mutter Mary Contin kehrte, nachdem sie sich mit der gleichen Krankheit angesteckt hatte, in ihre Heimat Henvey Inlet First Nation zurück. Francis wurde von Nebimanyquod aufgezogen und wuchs in Shawanaga auf, wo er traditionelle Fertigkeiten wie Jagen und Fischen erlernte und eine Mischung aus Katholizismus und anishinabischer Spiritualität praktizierte.

Im Januar 1912 erhielt Pegahmagabow finanzielle Unterstützung für Unterkunft und Verpflegung, um seine Ausbildung  abzuschließen. In diesem Sommer arbeitete er für das Ministerium für Marine und Fischerei an den Großen Seen als Marinefeuerwehrmann.

Militärischer Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Pegahmagabow im August 1914 freiwillig für die Canadian Expeditionary Force (CEF),[2] trotz der Diskriminierung der kanadischen Regierung, die Minderheiten zunächst ausschloss. Er wurde in das 23. kanadische Regiment (Northern Pioneers) versetzt. Nach seinem Eintritt in die kanadische Armee war er im Camp Valcartier stationiert. Dort dekorierte er sein Armeezelt mit traditionellen Symbolen, darunter ein Hirsch, das Symbol seines Clans.[2] Im Februar 1915 wurde er mit dem ersten Kontingent kanadischer Truppen – dem 1. Infanteriebataillon der 1. Kanadischen Division – nach Europa verschifft.[3] Seine Kameraden gaben ihm den Spitznamen „Peggy".

Kurz nach seiner Ankunft auf dem Kontinent kämpfte Pegahmagabow in der Zweiten Schlacht von Ypern, wo die Deutschen an der Westfront zum ersten Mal Chlorgas einsetzten. Während dieser Schlacht begann er, sich einen Ruf als Scharfschütze und Späher aufzubauen. Nach der Schlacht wurde er zum Lance Corporal befördert. 1916 nahm sein Bataillon an der Schlacht an der Somme teil, bei der er am linken Bein verwundet wurde. Er erholte sich rechtzeitig, um zum 1. Bataillon zurückzukehren, als dieses nach Belgien verlegt wurde.[4] Er erhielt die Militärmedaille für das Überbringen von Botschaften während dieser beiden Schlachten.

Für seine Aktionen am 6./7. November 1917 in der Zweiten Schlacht von Passchendaele erhielt Pegahmagabow den ersten Wiederholungsbalken (Bar) für seine Militärmedaille. Während der Kämpfe erhielt das Bataillon von Pegahmagabow die Aufgabe, einen Angriff auf das Dorf Passendale zu starten. Zu diesem Zeitpunkt war er in den Rang eines Korporals befördert worden, in der Verleihungsbegründung wurde festgestellt, dass er eine wichtige Rolle als Bindeglied zwischen den Einheiten an der Flanke des 1. Bataillons spielte. Als die Verstärkungen des Bataillons verloren gingen, war Pegahmagabow maßgeblich daran beteiligt, sie zu führen und sicherzustellen, dass sie ihren zugewiesenen Platz in der Linie erreichten.

Am 30. August 1918, während der Schlacht an der Scarpe, war Pegahmagabow am Kampf gegen einen deutschen Angriff auf den Orix Trench bei Upton Wood beteiligt. Seine Kompanie war fast ohne Munition und in Gefahr, umzingelt zu werden. Pegahmagabow trotzte schwerem Maschinengewehr und Gewehrfeuer, als er ins Niemandsland ging, und brachte genügend Munition mit, damit sein Posten weiterkämpfen und bei der Abwehr schwerer feindlicher Gegenangriffe helfen konnte. Für diese Bemühungen erhielt er einen zweiten Balken für seine Militärmedaille und wurde damit einer von nur 39 Kanadiern in der CEF, denen diese Ehre zuteil wurde.[5]

Der Krieg endete im November 1918 und 1919 wurde Pegahmagabow als dienstuntauglich entlassen und nach Kanada zurückgeführt. Er hatte fast den ganzen Krieg über gedient und sich einen Ruf als geübter Scharfschütze aufgebaut. Ihm wurde zugeschrieben, (mit dem viel verleumdeten Ross-Gewehr) 378 Deutsche getötet und 300 weitere gefangen genommen zu haben. Zum Zeitpunkt seiner Entlassung hatte er den Rang eines Sergeant Major erreicht und den 1914–15 Stern, die britische Kriegsmedaille und die Siegesmedaille erhalten.

Politisches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

older man with suit, tie, and medals on his chest
Pegahmagabow im Jahre 1945

Nach seiner Rückkehr nach Kanada diente er weiterhin in der Miliz des Algonquin Regiment als nicht-ständiges aktives Mitglied. In die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters tretend, wurde er im Februar 1921 zum Häuptling der Parry Island Band gewählt. Ein Jahrzehnt später wurde er von 1933 bis 1936 zum Ratsmitglied ernannt. 1933 änderte das Department of Indian Affairs (DIA) seine Politik und verbot den First-Nations-Chefs, direkt mit der DIA zu korrespondieren. Es ordnete an, dass alle Korrespondenz, ab dem Frühjahr 1933, über den Indianeragenten abgewickelt wurde. Dies gab dem Agenten eine enorme Macht, etwas, das auf Pegahmagabow lastete, der mit seinem Agenten John Daly nicht zurechtkam.[6] First Nation-Mitglieder, die während des Ersten Weltkriegs in der Armee gedient hatten, waren besonders aktiv als politische Aktivisten. Sie waren durch die Welt gereist, hatten sich den Respekt der Kameraden in den Schützengräben verdient und weigerten sich, von dem neu ermächtigten indischen Agenten beiseite geschoben zu werden. Der Historiker Paul Williams nannte diese Befürworter „zurückgekehrte Soldatenhäuptlinge" und erwähnte unter einigen wenigen besonders umtriebigen Aktivisten auch Pegahmagabow.[7] Dessen Einstellung führte zu heftigen Meinungsverschiedenheiten mit Daly und schließlich zur Absetzung von Pegahmagabow als Häuptling.[1] Daly und andere Agenten, die mit Pegahmagabow in Kontakt kamen, waren höchst frustriert über seine Versuche (in seinen Worten), „sein Volk von der ̣’weißen Sklaverei’ zu befreien".[8] Die Indianeragenten bezeichneten ihn als „mental case" (psychisch gestört) und versuchten, ihn und seine Anhänger in den Hintergrund zu drängen.[8]

Neben dem Machtkampf zwischen dem Indianerrat und der DIA, an dem Pegahmagabow beteiligt war, war er auch als Agitator bezüglich des Status der Inseln im Huronsee in der Georgian Bay aktiv. Die lokalen Selbstverwaltungen der First Nations beanspruchten die Inseln als ihr Land, und Pegahmagabow und andere Häuptlinge versuchten vergeblich, diesen Status offiziell anerkennen zu lassen.[9]

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Pegahmagabow als Wachmann in einer Munitionsfabrik in der Nähe von Nobel, Ontario, und war Sergeant Major in der lokalen Miliz. 1943 wurde er Oberhäuptling des Native Independent Government, einer frühen First-Nations-Organisation.[10]

Familie und Vermächtnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als verheirateter Vater von sechs Kindern starb Pegahmagabow 1952 im Alter von 61 Jahren im Parry-Island-Reservat. Er ist Mitglied der Indian Hall of Fame im Woodland Centre in Brantford, Ontario, und sein Andenken wird auch auf einer Gedenktafel gewürdigt, die ihn und sein Regiment auf dem Rotary und Algonquin Regiment Fitness Trail in Parry Sound ehrt.[10] Geehrt wurde er von den kanadischen Streitkräften, indem man das Hauptgebäude der 3rd Canadian Ranger Patrol Group auf CFB Borden nach ihm benannte.[11]

Der kanadische Journalist Adrian Hayes schrieb eine zweiteilige Biografie Pegahmagabows, der erste Teil mit dem Titel Pegahmagabow: Legendary Warrior, Forgotten Hero aus dem Jahr 2003 und der zweite unter dem Titel Pegahmagabow: Life-Long Warrior im Jahr 2009. Der Roman Three Day Road des Schriftstellers Joseph Boyden aus dem Jahr 2005 wurde in Teilen durch die Lebensgeschichte Pegahmagabows inspiriert. Der Protagonist ist eine fiktive Person, die wie Pegahmagabow als Scharfschütze im Ersten Weltkrieg dient. Pegahmagabow selbst tritt darin als Nebencharakter auf.[12]

Eine lebensgroße Bronzestatue von Pegahmagabow wurde zu seinen Ehren am Nationalfeiertag der Aborigines, dem 21. Juni 2016, in Parry Sound in der Nähe der Georgia Bay aufgestellt. Die Figur hat einen Adler auf einem Arm, ein Rossgewehr, das von der Schulter getragen wird, und ein Karibu zu seinen Füßen, das den Caribou-Clan repräsentiert, dem Pegahmagabow angehörte. Der Adler war sein Geisttier. Der Künstler Tyler Fauvelle arbeitete acht Monate an der Statue. Ein weiteres Jahr dauerte das Gießen. Fauvelle entschied sich dafür, es im Parry Sound zu errichten, anstatt in Wasauksing, um eine größere Öffentlichkeit zu erreichen und sie über die Beiträge der Ureinwohner Kanadas aufzuklären.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Recherche zu seinem Roman Three Day Road wurde der Autor Joseph Boyden nach seiner Meinung gefragt, warum Pegahmagabow keine höhere Auszeichnung wie die Distinguished Conduct Medal oder das Victoria Cross erhalten habe. Boyden spekulierte, dass es daran lag, dass Pegahmagabow ein First-Nations-Soldat war, und dass es Eifersucht seitens einiger Offiziere gegeben haben könnte.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, ISBN 978-0-19-541784-5.
  • Adrian Hayes: Pegahmagabow: Legendary Warrior, Forgotten Hero. Fox Meadow Creations, 2003, ISBN 978-0-9681452-8-9, 95 Seiten.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hochspringen nach: a b Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, S. 63.
  2. Hochspringen nach: a b Peter S. Schmalz (Hrsg.): The Ojibwa of Southern Ontario. University of Toronto Press, 1991, S. 301.
  3. Adrian Hayes (Hrsg.): Parry Sound: Gateway to Northern Ontario. Dundurn Press, 2005, S. 128.
  4. Veterans Affairs Canada: Native Soldiers – Foreign Battlefields: A Peaceful Man, abgerufen am 26. Juni 2019.
  5. Brian Bethune: Windigo in the First World War. (Rezensions zu Joseph Boydens Three Day Road), in: Maclean’s vom 30. Mai 2005, abgerufen am 26. Juni 2019 via archive.org.
  6. Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, S. ix.
  7. Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, S. 57.
  8. Hochspringen nach: a b Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, S. 65.
  9. Robin Brownlie (Hrsg.): A Fatherly Eye: Indian Agents, Government Power, and Aboriginal Resistance in Ontario, 1918–1939. University of Toronto Press, 2003, S. 98.
  10. Hochspringen nach: a b Doug Mackey: Legendary Soldier – Native Leader. Community Voices, in: Past Forward, 12. Dezember 2003, abgerufen am 26. Juni 2019.
  11. Ranger Headquarters named after Canada’s most decorated aboriginal soldier (Memento vom 10. Juni 2011 im Internet Archive)
  12. Hochspringen nach: a b Herb Wyile (Hrsg.): Speaking in The Past Tense: Canadian Novelists on Writing Historical Fiction Wilfrid Laurier University Press, 2007, ISBN 978-0-88920-511-6, S. 225–237.
  13. Cpl. Francis Pegahmagabow’s medals donated to the Canadian War Museum (Memento vom 28. Juli 2011 im Internet Archive)